Die Rezession und die möglichen Folgen für die Wirtschaft in Deutschland

Wie sehr schrumpft die deutsche Wirtschaft wirklich?

Münzen und Geldscheine
Die nachteiligen Folgen der Rezession zeigen sich vor allem im Hinblick auf die wirtschaftliche Leistung eines Landes. Abbildung: stevepb/pixabay.com

Im zweiten Quartal 2019 ist die deutsche Wirtschaftsleistung erneut gesunken, wobei vor allem die vom Export abhängige deutsche Wirtschaft unter einer allgemein schwächeren Weltkonjunktur sowie unter den aktuellen Handelskonflikten leidet. Dabei deuten die wichtigsten Indikatoren darauf hin, dass sich diese negative Entwicklung weiter fortsetzen wird. Alle Zeichen stehen somit auf Rezession – mit entsprechenden Folgen für Deutschlands Ökonomie.

Hohe Wahrscheinlichkeit für eine Rezession

Entsprechend einer einfachen Faustregel ist von einer Rezession die Rede, wenn in zwei aufeinander folgenden Quartalen das Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorquartal abnimmt. Ein gemeinsam entwickeltes Prognosemodell des Ifo-Instituts München und des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) sieht dabei für Deutschland eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 92% voraus. Allerdings ist gemäß dem Modell nicht mit einer derart schweren Rezession wie im Jahr 2008 zu rechnen. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) beziffert im Vergleich zum Prognosemodell die Gefahr einer Rezession zur Zeit mit 43 Prozent. Doch auch beim IMK sieht man die Konjunktur in Deutschland auf der Kippe. Pessimistisch wird die Entwicklung der Wirtschaft außerdem bei den Anleiheinvestoren gesehen, welche ihre negative Prognose unter anderem auf die geringe Verzinsung der zehnjährigen Bundesanleihen zurückführen. Diese ist kaum höher ist als die Verzinsung auf Anleihen mit zweijähriger Laufzeit.

In Erwartung einer möglichen Wirtschafts- und Finanzkrise ist mit einem langen Zinstief zu rechnen, was die niedrigen Zinsen bei langfristigen Anleihen zum Indikator einer kommenden Rezession macht. Und auch allgemein offensichtliche Anzeichen sprechen dafür, wie etwa die Reihe der Gewinnwarnungen von Unternehmen wie der BASF oder Daimler, ebenso wie die umfangreiche Streichung von Arbeitsplätzen, wie etwa bei der Deutschen Bank. Für das laufende dritte Quartal des Jahres sagen die Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) jedenfalls einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um etwa 0,2 Prozent voraus. Gewissheit, ob die Wirtschaft wie von den meisten Experten vorgesagt in einer Rezession steckt, wird es schließlich ab Mitte November geben, wenn entsprechende Zahlen für das gesamte Sommerhalbjahr 2019 vorliegen.

Industrie und Banken in der Krise

Unverkennbar ist, dass die drei wichtigsten Industriezweige Deutschlands derzeit in einer Krise stecken: Die Autoindustrie, der Maschinenbau und die chemische Industrie. Die Industrieproduktion sowie die Auftragseingänge bei den Unternehmen sind bis zum Ende des zweiten Quartals deutlich gefallen, darüber hinaus ist das vom Ifo-Institut monatlich ermittelte Geschäftsklima sehr schlecht. Im Juli 2019 sanken die Werte sogar so erheblich wie seit der Finanzkrise von 2009 nicht mehr – das Rezessionssignal, welches vom Geschäftsklima ausgeht, ist also ziemlich deutlich. Lange Zeit sah es dagegen in den Dienstleistungsbranchen besser aus, doch auch hier machen sich vermehrt Anzeichen einer Eintrübung der Geschäftslage und der Perspektiven bemerkbar. Verstärkt wird die Krise durch die schlechte Situation vieler Geldinstitute, welche der Wirtschaft Liquidität gewährleisten und die Unternehmen mit Krediten versorgen sollen. Offenkundig ist die anhaltende Schwäche im Investmentbanking, welche neben der Deutschen Bank auch andere Banken in Europa und an der Wall Street trifft.

Schwache Weltkonjunktur und Handelskonflikte setzen dem Export zu

Schon im Frühjahr 2019 zeichnete sich eine weitere Schwächung der weltweiten Konjunktur ab, mit der Folge dass auch die Nachfrage nach deutschen Produkten sinkt. Nach Einschätzung der Welthandelsorganisation (WTO) wird der Welthandel in den Jahren 2019 und 2020 mit zunehmenden Problemen rechnen müssen, nachdem er bereits 2018 aufgrund erhöhter ökonomischer Unsicherheiten und angesichts steigender handelspolitischer Spannungen weniger stark als wie zuvor erwartet gewachsen ist. Die derzeitige internationale Nachfrageschwäche in bedeutenden Absatzmärkten belastet daher vor allem die so sehr vom Export abhängige deutsche Industrie. Der größte Markt für deutsche Produkte ist dabei die Europäische Union. Für große Unsicherheit sorgt hier vor allem der drohende harte Brexit, möglicherweise schon zum 31. Oktober 2019. Dabei geht es unter anderem um einen Warenwert von rund 175 Milliarden Euro, welche Deutschland und Großbritannien jedes Jahr austauschen.

Darüber hinaus hängen hunderttausende Arbeitsplätze am Handel der beiden Wirtschaftsmächte. Auch die Rezession im wichtigen EU-Absatzland Italien kann für die deutsche Wirtschaft äußerst negative Folgen haben. Dabei stellt neben neben den schlechten Wirtschaftsprognosen und der hohen Staatsverschuldung auch die instabile politische Lage in der drittgrößten europäischen Volkswirtschaft eine Gefahr dar. Für besonders große Ungewissheit und bereits jetzt schon erkennbare negative Auswirkungen auf die Wirtschaft sorgen vor allem der schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie die Gefahr für weitere US-amerikanische Strafzölle, auch gegen Deutschland und die EU. Besonders schwerwiegend ist hierbei die ständige Drohung des US-Präsidenten Donald Trump Strafzölle auf Auto-Importe aus Europa zu verhängen. Hiervon wären insbesondere die deutschen Autohersteller Daimler, Volkswagen und BMW betroffen.

Hat sich der Abschwung bereits verselbstständigt?

Einige Indikatoren deuten jedenfalls darauf hin. So gab es in der deutschen Industrie in letzter Zeit eine um rund zwölf Prozent geringere Zahl an Aufträgen für Vorleistungen wie unter anderem beim Stahl. Ein solcher Trend ist typischerweise ein konjunkturelles Alarmsignal für ein Nachlassen der Nachfrage auf den weiteren Stufen der entsprechenden Produktionskette. Die schlechten Zahlen lassen die Unternehmen wiederum vorsichtiger beim Starten größere Projekte werden. So deutet der Einbruch bei den Aufträgen für Investitionsgüter aus dem Inland auf nachlassende Investitionen hin; im Frühjahr 2019 war das Auftragsvolumen um knapp sieben Prozent geringer als noch im letzten Quartal des Vorjahres.

Die Auswirkungen einer Rezession – so reagiert die Ökonomie

Die nachteiligen Folgen der Rezession zeigen sich vor allem im Hinblick auf die wirtschaftliche Leistung eines Landes. Dabei ist alleine betrachtet eine Rezession nicht unbedingt dramatisch, denn sie kann einfach eine zwangsweise, notwendige Phase eines Wirtschaftszyklus sein. Doch sinkt die Wirtschaftsleistung, dann sinkt auch die Nachfrage an Arbeit. Infolgedessen werden Stellen abgebaut und die Kurzarbeit nimmt zu. In einer schweren Rezession werden viele Arbeitnehmer aus ihrem Job entlassen, da die Firmen versuchen Geld zu sparen und die Produktion herunterfahren. Hinzu kommen häufig auch sinkende Löhne und fallende Preise. Ein niedrigeres Preisniveau kann allerdings für die Konsumenten ein Vorteil sein, insofern sie einen festen Arbeitsplatz und keine sinkenden Einnahmen haben. Problematisch wird auch die Kreditvergabe durch die Banken. Die Geldinstitute prüfen aufgrund der schlechteren Wirtschaftslage die Bonität des Kunden wesentlich intensiver und zögern eher bei der Vergabe neuer Darlehen.

Die Folge davon ist, dass die Zahl der Investitionen zurückgeht, was das so dringend nötige Wirtschaftswachstum regelrecht verhindern kann. Eine Rezession trifft auch Geldanlagen erheblich, insbesondere sind Aktien von stark fallenden Kursen betroffen. Viele legen ihr Geld dann in Edelmetallen, Immobilien oder auch festverzinsliche Anleihen an. Dabei geht es weniger darum Gewinne zu erwirtschaften als Verluste zu verhindern. Im extremsten Fall droht der Wirtschaft schließlich eine regelrechte Depression, so wie sie einst im Jahr 1929 in den USA stattfand. Allerdings sind derartig schwere Wirtschaftskrisen auch extrem selten. Außerdem gibt es trotz weit verbreitetem Pessimismus auch gute Chancen, dass Deutschland eine schwere Rezession wie zuvor im Jahr 2008 erspart bleibt, wie es unter anderem auch die Prognosen des Modells von IfW und dem Ifo-Institut vorhersagen. Nichtsdestotrotz prüft die Bundesregierung momentan, welche Maßnahmen ergriffen werden können um die Konjunktur zu stützen. Möglich wären etwa Steuersenkungsprogramme oder Maßnahmen zur Steigerung des Binnenkonsums. Seitens der Wirtschaft wird aber vor allem von der Politik gefordert, die außenpolitischen Gefahren für die Exportwirtschaft – maßgeblich Brexit und Strafzölle – zu beseitigen.

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