Heißverstemmen, auch als Heißnieten bezeichnet, ist ein Verfahren zum Verbinden zweier Bauteile, von denen mindestens eines aus thermoplastischem Kunststoff besteht. Gegenüber anderen Fügeverfahren wie Nageln, Schrauben oder Kleben bietet das Heißverstemmen eine Reihe von Vorteilen, die vor allem in der Medizintechnik, in der Elektroindustrie und im Automobilbau genutzt werden.
Heißverstemmen – Verfahrensbeschreibung
Beim Heißverstemmen wird ausgenutzt, dass Thermoplaste bei Wärmezufuhr einen teigigen Zustand annehmen. Zu den Thermoplasten zählen zum Beispiel Polyethylen (PE), Polypropylen(PP), Polyvinylchlorid (PVC) und Polycarbonat (PC). Das Verfahren ist auch für Thermoplaste mit einem hohen Glasfaseranteil geeignet. Bei Erwärmung wird das Material weich und verformbar. In diesem Zustand lässt es sich mit dem angrenzenden Bereich verschweißen oder mit einem Stempel umformen. Damit entsteht eine dauerhafte form- und kraftschlüssige, manchmal auch stoffschlüssige, Verbindung, die die Übertragung von Kräften und Drehmomenten gestattet. Da Kunststoffe schlechte Wärmeleiter sind und das Verfahren nur kurze Zeitspannen von wenigen Sekunden beansprucht, ist die Temperaturerhöhung auf einen engen räumlichen Bereich begrenzt. Wärmeempfindliche Bauteile in der Umgebung bleiben geschützt.
Beim klassischen Heißverstemmen wird ein Stempel erhitzt und auf das Material gedrückt. Das Material fließt in den Stempel, nimmt dessen Form an und behält diese Form beim Abkühlen bei.
Beim berührungslosen Heißverstemmen erhitzen Laser- oder Infrarotstrahlen oder Heißluft das Material in einem präzise begrenzten Bereich bis es verformbar ist. Anschließend werden die Teile an dieser Stelle mit einem Dorn oder mit einem Stempel zusammengepresst und so dauerhaft miteinander verbunden.
Vorteile des Heißverstemmens
Ein wesentlicher Vorteil des Heißverstemmens liegt in der Möglichkeit, Teile aus unterschiedlichen Materialien zusammenzufügen. Schrauben, Nieten und Klebstoffe müssen genau auf das verwendete Material abgestimmt sein. Das führt bei unterschiedlichen zu verbindenden Materialien häufig zu Problemen. Für das Heißverstemmen werden im Gegensatz zum Nieten, Kleben oder Schrauben keine zusätzlichen Teile oder Stoffe benötigt. Damit entfällt der Aufwand für die Auswahl, Beschaffung und Lagerung von Verbindungselementen oder Klebern.
Das Heißverstemmen ist geräuscharm. Es fallen keine Späne, Stäube oder Gase an. Dadurch ist ein sauberer und umweltfreundlicher Betrieb möglich. Andere Verfahren führen oft zur Verschmutzung der Bauteile und haben einen entsprechenden Reinigungsaufwand zur Folge. Es treten außerdem keine starken mechanischen und thermischen Beanspruchungen der Bauteile auf. Mechanische und thermische Einwirkungen sind präzise auf die Verbindungsstelle begrenzt. Das ist besonders beim Einbau von Leiterplatten in technische Geräte von Bedeutung. Das Verfahren ist hervorragend für die automatisierte Fertigung geeignet. Da für das Aufheizen und Abkühlen nur wenige Sekunden benötigt werden, lassen sich hohe Taktzeiten erreichen. Die Prozessparameter wie Temperatur, Einwirkzeit und Kraft lassen sich gut dem verwendetet Material anpassen, überwachen, einstellen und dokumentieren. Die Werkzeuge für das Heißverstemmen, die Nietspitzen, sind sehr schlank. Dadurch lassen sich Verbindungen an schwer zugänglichen Stellen, zum Beispiel dicht an Gehäusewänden, herstellen.
Technische Umsetzung
Für das Heißverstemmen werden unterschiedlichste Geräte und Maschinen auf dem Markt angeboten. Die Palette reicht von Handgeräten, die Lötpistolen ähneln, über Tischgeräte mit manueller Bestückung und CNC gesteuerten Maschinen bis zu halbautomatischen und automatischen Maschinen und Anlagen.
Programmierbare Steuerungen garantieren die Einhaltung der Prozessparameter. Die einzelnen Sensoren in den Geräten erfassen die relevanten Größen und leiten die Werte an die Steuerung weiter. So wird der Prozessablauf – Erwärmen, Einsenken des Stempels, Verweilen, Abkühlen, Abheben des Stempels – für jede einzelne Verbindung korrekt beibehalten. Für bestimmte Einsatzzwecke erfordert der Prozess wiederholtes Aufheizen, Verweilen und Kühlen. Auch dies kann durch die Steuerung realisiert werden. Der Temperaturverlauf, die Einsinkgeschwindigkeit des Stempels, die Kraft des Stempels und die optimalen Zeiten für Verweilen und Kühlen werden an jeden speziellen Einsatzfall genau angepasst. Die Werte können aufgezeichnet werden, sodass jederzeit eine Rückverfolgbarkeit möglich ist.
Die Form der jeweiligen Verbindung wird durch den verwendeten Stempel bestimmt. Die Stempel sind mit Beschichtungen versehen, die sich leicht vom Material lösen. Dadurch wird da Ausziehen von Materialfäden beim Abheben der vermieden. Sensoren an den Aufnahmen für die Stempel erkennen die Stempelart und leiten die Information an die Steuerung weiter. Diese wählt das dazu passende Programm automatisch aus. Das trägt zur Vermeidung von Fehlern bei und spart Zeit.
Einsatzgebiete
Mit dem Heißverstemmen lassen sich Teile aus unterschiedlichsten Werkstoffen, wie Metall, Keramik oder Glas mit Teilen aus Thermoplast verbinden, Ränder bördeln, Öffnungen in Behältern verschließen, Teile aus Thermoplaste miteinander verbinden und Vliesstoffe auf Teilen verankern. Das Verfahren wird häufig zur Montage von Spritzgussteilen aus Thermoplaste eingesetzt. An den Spritzgussteilen werden kleine Dome oder Pins vorgesehen. Diese liefern das Material für die Verbindung und dienen gleichzeitig der Positionierung des zweiten Teils, das an den entsprechenden Stellen mit Bohrungen versehen ist. Das Material verteilt sich in den Bohrungen, und oberhalb des zweiten Teils bilden sich die Nietköpfe aus.
Durch die Sauberkeit und die geringen mechanischen und thermischen Belastungen eignet sich das Verfahren gut zum Einbau von Platinen in elektronische Geräte. Speziell dafür werden Gerätesysteme angeboten, die durch leitfähige geerdete Oberflächen elektrostatische Entladungen verhindern. Solche Entladungen würden die Bauteile auf den Platinen zerstören.
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