Barrierefreiheit ist die Grundlage für Menschen in jedem Alter, um auch bei körperlichen Beeinträchtigungen oder im hohen Alter möglichst selbstständig und ohne fremde Hilfe zu leben. Allein in Deutschland werden bis zum Jahr 2030 mindestens 2.9 Millionen neue barrierefreie Wohnungen gebraucht, wie in einer aktuellen Studie geschätzt wird. Die Studie sagt zudem aus, dass bereits heute rund 2 Millionen barrierefreie und altersgerechte Wohneinheiten fehlen. Um diesen Umstand entgegenzuwirken, ist es vor allem notwendig, eine vorausschauende Elektroinstallation zu planen und zu errichten. Dafür haben wir mit Michael Struck, Geschäftsführer der Elektro Hartmann GmbH gesprochen.
Wenn eine barrieregerechte Elektroinstallation in der Gebäudetechnik vernetzt ist, eröffnen sich eine Vielzahl neuer Möglichkeiten, die für körperlich beeinträchtigte Menschen eine große Entlastung im Alltag bedeuten. Die barrieregerechte Elektroinstallation bietet jedoch nicht nur für Menschen mit Beeinträchtigungen große Vorteile, ebenso profitieren junge Familien von der Handhabung dieser Barrierefreiheit. Auch für Immobilienbesitzer stellt eine barrierefreie Elektroinstallation eine lohnenswerte Investition für die Zukunft dar. Die zahlreichen Assistenzsysteme, moderne Techniken und Dienstleistungen werden bereits in wenigen Jahren zum Standard des zeitgemäßen Wohnen gehören.
Wird die Gebäudetechnik vernetzt, eröffnen sich eine Vielzahl von Hilfsfunktionen. Im Folgenden werden einige technische Möglichkeiten dargelegt, die mit einer barrierefreien Elektroinstallation möglich sind:
Barrierefreie Beleuchtung
Neben einer ausreichenden Anzahl an Steckdosen ist auch die Anordnung der Schalter für ein barrierefreies Wohnen bedeutend: Wenn die Lichtschalter in einer Höhe von 85 cm über den Fußboden angelegt sind, können diese in der Regel problemlos von Rollstuhlfahrern erreicht werden. Auch bei Steckdosen gilt: Eine Höhe von 40 cm über den Fußboden sollte nicht überschritten werden. Schalter, die einen auffallend farbigen Rahmen oder eine Orientierungsleuchte aufweisen, sind für Menschen mit Beeinträchtigungen besonders leicht zu finden. Am praktischsten sind jedoch automatisierte Bewegungsmelder, die das Tasten nach dem Lichtschalter überflüssig machen. Vor allem im Badezimmer und Flur können Bewegungsmelder vor möglichen Stolperfallen schützen.
Hierbei sollten Beleuchtungslösungen bevorzugt werden, die den natürlichen Biorhythmus der Bewohner unterstützen und folglich dem natürlichen Tageslicht nachempfunden sind. Tagsüber dient ein kaltweißes Licht (>5000 K) zur verbesserten Konzentration und Aktivität, abends kann ein warmweißes Licht (<3300 K) ideal auf die Schlafphase vorbereiten. Auch die Installation von Dimmern kann in diesem Zusammenhang durchaus sinnvoll sein. So sollte je nach Wohnraum auch eine unterschiedliche Beleuchtungsstärke gewählt werden. Einen guten Überblick bietet die geltende Richtlinie VDI/VDE 6008-3.
Schutzsysteme bei Schwerhörigkeit
Bei Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen sind besondere Warn- und Sicherheitssysteme von großer Bedeutung. Im Falle eines eingeschränkten Hörvermögens können beispielsweise visuelle Warnsysteme im Gefahrenfall das Schlimmste verhindern. So gibt es spezielle Rauchwarnmelder, die neben einem lauten Warnton auch helle Lichtblitze abgeben.
Hierbei ist es auch möglich, die Warnmelder der verschiedenen Räume per Funk miteinander zu vernetzen. Auch ist es denkbar, die Rauchwarnmeldung automatisch auf ein Notrufsystem aufzuschalten. Auf diese Weise werden nicht nur die Bewohner geschützt, sondern auch die Immobilie an sich.
Auch die Türklingel kann für Menschen mit Hörschäden mit Licht und Vibration ergänzt werden. In der Regel erlauben Stromkreisverteiler mit genügend Reserveplätzen die Nachrüstung der Gebäudesystemtechnik. Hier sollte auch ein Einbruchschutz bedacht werden, denn vor allem die barrierefreien Erdgeschosswohnungen stellen für Einbrecher oftmals ein besonders attraktives Ziel dar.
Moderne Tür mit Türsprechanlage
Eine Tür mit Türsprechanlage sorgt für die Bewohner für mehr Sicherheit und Komfort- am besten eignet sich hier eine Videofunktion und Freisprechstellen. Zu empfehlen ist, dass die modernen Kommunikations-Anlagen in jedem Zimmer installiert werden. Auf diese Weise verkürzen sich Laufwege der Bewohner, was für zusätzliche Alltags-Sicherheit sorgt. Beachten Sie jedoch, dass eine Gegensprechanlage in einer maximalen Höhe von 85cm ausgerichtet sein darf.
Elektrische Fenster und Rollläden
Fenster und Rollläden, die sich zu einer bestimmten Zeit oder auf Knopfdruck öffnen und schließen, können eine enorme Erleichterung im Alltag darstellen. Durch automatisch gesteuerte Fenster wird auch das Lüften für die Bewohner übernommen, was sowohl Zeit und Kraft spart. Pro Raum empfiehlt es sich daher, jeweils ein Fensteröffner-Antrieb zu installieren.
Sanitärräume
Die Lüftungsschalter sollten mit einem eindeutigen Kennzeichen von Lichtschaltern zu differenzieren sein. In Bädern und Duschen wird dringend empfohlen, Notrufanlagen zu installieren, die von jeder Stelle aus zu erreichen sind. So sollte eine Notruftaste sowohl seitlich der Toilette angeordnet werden als auch zusätzlich auch am Duschplatz. Auch empfiehlt es sich, mit Hilfe einer Zugschnur einen Notrufschalter zu installieren, der auch vom Boden aus erreichbar ist.
Panikschalter
Auch die Installation eines Panikschalters ist denkbar. Mit Hilfe eines speziellen Schalters kann im ganzen Haus die Beleuchtung eingeschaltet und die Rollläden aktiviert werden. Diese Funktion kann für ein zusätzliches Sicherheitsgefühl bei den Bewohnern sorgen.
Fazit
Eine richtige Elektroinstallation ist entscheidend für ein barrierefreies Wohnen und ermöglicht älteren sowie körperlich beeinträchtigten Menschen durch kleine Alltagshilfen ein eigenständiges Leben. Die technischen Möglichkeiten können jedoch gerade bei älteren Menschen zunächst für Unbehagen sorgen. Wichtig ist es daher, dass die technischen Lösungen mit viel Geduld und Verständnis an die älteren Bewohner vermittelt werden, sodass auch sie die Vorteile der Elektroinstallation erkennen und nutzen.
Das Smart Home bietet jedoch nicht nur für körperlich beeinträchtigte Personengruppen Vorteile, auch jungen Familien profitieren von dem zusätzlichen Komfort, wenn sich Heizung, Rauchmelder, Stereoanlagen und Rollläden ganz einfach elektronisch bedienen lassen. Fest steht: In Zeiten, in denen unsere Bevölkerung immer älter wird, ist es umso wichtiger, dass die heutigen Wohnungen barrierefrei und einfach zugänglich gestaltet werden. Auf diese Weise kann den Menschen so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden!
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