In der Firmenhierarchie sind Azubis meist ganz unten angesiedelt und leiden still … Junge Azubis fühlen sich oft dem Wohlwollen des Chefs unterworfen und bei Problemen fehlt Ihnen die Lobby
Auszubildende fühlen sich in Bezug zu ihren Vorgesetzten meist doppelt abhängig: Zum einen wollen sie den Beruf erlernen und dann hoffen sie, dass sie nach der Lehre übernommen werden. Leider klagen viele Azubis in den zwei bis drei Jahren Ausbildungszeit, dass sie oft ausgenutzt werden und neben dem schon langen Arbeitstag von bis zu acht Stunden auch noch Überstunden machen müssen. Arbeiten, wie nach Feierabend das Büro noch zu putzen oder andere Aufräum-, Sortier- oder Vorbereitungstätigkeiten gehören nach dem anstrengenden Arbeitstag oft zur Pflicht. Nicht selten starten sie am nächsten morgen vor allen anderen 20 Minuten früher, um die Räumlichkeiten zu lüften, die Kaffeemaschine anzustellen und vieles mehr. Der Gewerkschaftsbund beklagt, dass trotz einer Studie von 2016, wo viele Jugendlichen angeben in ihren Betrieben im Gro zufrieden zu sein, es doch zum großen Teil erhebliche Probleme in den Ausbildungsbetrieben zu geben scheint. Eine Lobby haben die Azubis nicht wirklich.
Aufgrund der zum Teil schwierigen Arbeitsbedingungen an ihrem Ausbildungsplatz beklagt etwa die Hälfte der Azubis, dass sie psychisch zu stark belastet sind
Ein typisches Fallbeispiel, “Anne”:
“Es gibt Tage, an denen würde ich meine Ausbildung am liebsten abbrechen. Das sind so Tage, an denen mein Chef mich anbrüllt und als nutzlos beschimpft. Er wirft mir dann wiederholt vor, ich könne gar nichts. Er ist ein richtiger unberechenbarer Choleriker”.
Anne ist 22 Jahre jung und macht ihre Ausbildung in einer großen Stadt zur Kauffrau für Dialogmarketing. Es gibt auch Zeiten, wo ihr die Arbeit Spaß macht. Doch diese wiederkehrenden Beleidigungen durch ihren Boss zerren deutlich an ihren Nerven.
Florian Haggenmiller ist Bundesjugendsekretär des DGB und wirbt dafür, dass die duale Ausbildung transparenter wird, er fordert eine Verbesserung des Berufsbildungsgesetzes. Es ist nicht in Ordnung, wenn Azubis Überstunden machen müssen oder Tätigkeiten verrichten, die nichts mit der Ausbildung zu tun haben. Die Jugendlichen werden gemobbt, erhalten ihren Lohn zu spät oder müssen ihr Geld sogar einklagen. Das führt dann ohne Weiteres dazu, dass der Azubi seinen Ausbildungsvertrag auflöst. So sollen es laut Deutschen Gewerkschaftsbund 2011 ein Viertel der Azubis gewesen sein, die “aufgeben mussten”. Früher hieß es ja gerne, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind und der Chef war das Gesetz. Da war aber auch der Ausbildungsmarkt ein ganz anderer, heute ist diese Situation eher als schlecht zu bewerten. Der Ton ist heute deutlich rauer geworden und die zu beklagenden Fälle härter. Zwar bilden die meisten Betriebe immer noch gut aus, aber die Zahl der Schwarzen Schafe ist gestiegen. Dass die Situation schlechter geworden ist, wissen die Chefs genauso wie die Auszubildenden auch. Viele schätzen sich glücklich, überhaupt eine Lehrstelle antreten zu dürfen und leiden still, weil sie Angst um ihren Platz haben. Viele Auszubildende kennen ihre Rechte auch gar nicht, für sie ist, genau wie zu damaligen Gegebenheiten, der Chef das Gesetz.
Damit Azubis sich wehren können, ist es wichtig, dass sie ihre Rechte kennen. Diese sind im sogenannten Berufsbildungsgesetz = BBiG fest verankert. Wichtig ist, den Ausbildungsvertrag genau zu lesen und sich die Ausbildungsordnung anzuschauen. Wo gibt es weitere Hilfe?
- Seit einigen Jahren können Azubis sich bei Problemen an das vom DGB zur Verfügung gestellte Internetforum: www.doktor-azubi.de wenden. Hier können die Jugendlichen ihren Frust erst mal abladen. Es ist möglich, sich eine Rechtsberatung einzuholen oder vielleicht einfach mal schauen, stöbern und mit Gleichgesinnten Erfahrungen austauschen. Anfangs, schildern die Betreiber, schauten ungefähr zwei bis drei User rein – nun sind täglich bis zu 20 Azubis, Tendenz steigend. Es wird versucht innerhalb von 24 Stunden eine Antwort auf die Fragen der Betroffenen zu geben und bei Bedarf erscheint ein Ansprechpartner des DGB Ort. In dem Forum stehen den Azubis vier Experten zur Verfügung.
- Gibt es Probleme bei der Bezahlung, beispielsweise bei zu vielen Überstunden oder bei ausbildungsfremden Arbeiten, möglichst bald an einen Ausbildungsberater von der Industrie- und Handelskammer = IHK wenden. Dieser prüft dann, inwieweit eine Rechtsverletzung vorliegt und macht sich bei Bedarf auf dem Weg zum Chef.
- Dann gibt “VerA” = Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen. Hier handelt es sich um ein Angebot des Bundesbildungsministeriums, Azubis einen Experten als Mentor zur Seite zu stellen. Diese sind berufserfahren und leisten nicht nur Hilfestellung, sondern sie dienen auch als Vorbild.
- Wenn die Probleme nicht vom Betrieb ausgehen und die Azubis Schwierigkeiten auf anderem Gebiet haben, beispielsweise in der Berufsschule, gibt es auch hier Hilfe. Das Einverständnis des Betriebes vorausgesetzt, kann bei der Arge eine ausbildungsbegleitende Hilfe anfordert werden. Diese bietet kostenlosen Nachhilfeunterricht und unterstützt neben der Berufsschule theoretische Lerninhalte.
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